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Eiskleinod Europas - Die Eishöhle Dobšiná
Paradies auf der Erde (auch darunter) Der Nationalpark Slovenský raj (das Slowakische Paradies) gehört zu den typischen Karstgebieten der Slowakei. Der Reichtum von Oberflächen- und Untergrundkarstformen mit
ausgedehnten Plateaus reiht das slowakische Paradies zu sog. Plateaukarsttypen ein. Es ist überwiegend durch mesozoische Gesteine gebildet. Morphologisch treten hier drei Gesteinkomplexe auf und zwar werphenische Schiefersandsteine,
Mergel-Kalk Schichten der unteren Trias und ein Komplex von stark zertrümmerten Dolomiten. Die überwiegende Fläche des Gebietes ist durch Mitteltrias-Kalksteine gebildet. Tektonisch stark zerstörte Gesteine wurden im Mittelpilozän in eine
ebene Oberfläche abgeschnitten. Durch Aufhebung des Gebietes während der rhodaischen tektonischen Phase haben sich in das ebene Relief Flüsse eingeschnitten, die tiefe Schluchten und Enge gebildet haben. Mit deren Entwicklung sind
unterirdische Räume entstanden - es ist zur Karstprozesserneuerung und zu starken Erosionsflüssen auf den nicht Karstgesteinen gekommen. Der Berg Duca, in dem sich die Eishöhle Dobsiná befindet, ist durch relativ reine tektonisch zerstörte
helle Wetterstein- und Steimalmkalksteine gebildet, die auf einer Schiefersohlschicht des unteren Trias liegen. Die Eishöhle Dobsiná ist ein Teil des umfangreichen und komplizierten Systems der Stratenská Höhle, die im Jahre 1972 durch Mitglieder der Slowakischen
speleologischen Gesellschaft, Kreisgruppe Stínik Ves, entdeckt wurde. Das Höhlensystem befindet sich in der Stínik Bruchzone, Richtung Nordwest-Südost, die durch die ganze Slovenské Rudohorie führt und zieht sich weiter nach Norden.
Der Höhlenraum selbst ist durch die Wasserlösungstätigkeit entstanden, das durch die tektonische Risse und Schichtspalten ins Gesteinmassiv eingeflossen ist. Eine wesentliche Rolle bei der Höhlensystementstehung hat das Flüsschen
Hnilec gespielt, das in den Untergrund eingedrungen ist und mit dem mitgebrachten harten Material vom Králova Hola Gebiet die erosive Tätigkeit durchgeführt hat. Die starke tektonische Beschädigung der Kalksteine hat den
Höhlendeckenüberfall und ihr Niederreissen verursacht. Die Verstopfung der Öffnungen und Spalten durch den Schutt und Lehm war die Folge dieser Tätigkeit. Dieses führte wieder zu speziellen mikroklimatischen Verhältnissen in der Höhle.
Eishöhle Dobsiná gehört zu so genannten stato-dynamischen Höhlen. Der sackartige Charakter der Höhle verursacht die typische Luftzirkulation. Die kalte Luft von der Oberfläche dringt im Winter in die Räume als schwerer ein und drückt
die leichtere wärmere Luft nach oben. Gleichzeitig kühlt diese kalte Luft die Höhlenwände ab. Diese abgekühlte schwere Luft bleibt in der Höhle auch im Sommer. Das Frühlingsoberflächenwasser vom getauten Schnee dringt in die unterirdische
Räume ein und bei der niedrigen Lufttemperatur friert zu. So entsteht das Bodeneis oder andere Eisformationen.
Ein mutiger Weg in die Unterwelt Es ist nicht bekannt, wer der erste bei der großen Öffnung unter dem Berg Duca war. Es konnte ein Holzhauer oder ein Köhler sein, genau so gut ein Jäger oder ein Hirt. Die Öffnung
war seit Menschengedenken bekannt und weil es sich in ihrer Nähe viel Eis gab, war sie unter dem Namen „Eisloch" bekannt. In den scheinbar bodenlosen Abgrund, wohin Leute verschiedene Gegenstände geworfen haben mit der Hoffnung seine
Tiefe abzuschätzen, ist kein Wesen eingetreten. So war es bis Mittwoch den 15. Juni 1870. Damals sind hier acht Wagehälse mit dem Ziel das Geheimnis zu entdecken gekommen. Die Bergarbeiter Jozef Pack, Ján und Jakub Gáll haben
unter der Führung von Bergtechniker Ján Lipták Senior die Öffnung zu erweitern begonnen, damit man bequemer hineintreten konnte. Die Anderen haben inzwischen in der Öffnung eine Hubwinde gebaut. Als erster hat sich der 24 jährige
Bergingenieur Eugen Ruffíni aus Dobsiná gemeldet. Die Hubwinde haben die schon erwähnte vier Bergarbeiter und der 21 jährige Gustav Lang, ein Landwehroffizier und Andrej Mega, ein Stadtbeamter aus Dobsiná bedient. Die ganze Aktion
hat nach gemeinsamer Abstimmung Dr. Ferdinand Fehér, ein Arzt und erfahrener Organisator geführt. Zuerst haben alle neugierig einem gewaltigen Echo nach dem Gewehrschuss in die unbekannte Räume zugehört. Dann hat sich Eugen Ruffíni einen
Sicherheitsgurt befestigt, in die Hand hat er eine Grubenlampe und Signalisationsschnur genommen und ist den Weg in die eiskalte Räume angetreten. Diese Räume haben ihn durch eine Menge von Holz, Steine und verschiedene Gerümpel begrüsst,
was ihm den Weg nach unten sehr schwierig gemacht hat. Endlich ist er in einen grösseren Raum geraten, in den heutigen Kleinen Saal. Hier ist er geglitten und ohne zu wollen hat er mit der Schnur gezuckt, was die Leute oben als ein Signal
„Gefahr" unterstanden haben und den Entdecker nach oben ziehen begonnen haben, wobei er zwischen zwei Felsblöcken hängen geblieben ist und ohne Dr. Fehers Geistesgegenwart würde sich Ing. Ruffíni gleich am Anfang der Untersuchung
ernsthaft verletzt. Nach einer kurzen Ruhe und Erfrischung auf der Oberfläche hat er in der Untersuchung fortgesetzt. Bei dem zweiten Versuch ist es ihm den heutigen Kleinen und Großen Saal und den unteren Teil des heutigen
Ruffíni Korridors über die Hölle zu untersuchen gelungen. Er kam zu Überzeugung, dass er eine herrliche Eishöhle entdeckt hat und begeistert hat er an seine Kameraden gerufen, damit auch sie die unbeschreiblichen Weilen miterleben konnten,
Weilen die man bei der Entdeckung einer Höhle nur einmal erleben kann.
Die Eishöhle Dobsiná - Ein Loch in die Welt Nach dem Mittwoch den 15. Juni 1870 fängt eine neue Epoche in der Geschichte der Speleologie an. Die Nachricht über die Entdeckung der Eishöhle Dobsiná ist nach und nach in den
Zeitungen und Zeitschriften in der ganzen Welt erschienen: Die Begeisterung aus der Entdeckung haben vor allem die Einwohner von Dobsiná erlebt. Gleich den nächsten Tag nach der Entdeckung ist in die Höhle eine grössere Gesellschaft
gekommen, Ein Protokoll über die Entdeckung wurde ausgefertigt, welches Dr. Fehér am 22. Juni 1870 auch mit der offiziellen Meldung an die - Gemeindevertretung abgegeben hat. Das Protokoll wurde im Stadtarchiv aufbewahrt. Der Magistrat
hat sich verpflichtet : alle Ausgaben für die Untersuchung und Zugänglichkeit der Höhle für die Öffentlichkeit zu bezahlen. Der Stadtwaldamt hat einen Befehl bekommen die Höhle in seinen Schutz zu nehmen. Zu Ehren der Entdecker wurde am
15. August 1870 in der Höhle eine kleine Feier mit Schlittschuhlaufen und mit auf dem Eis gekühlten Champagner gefeiert. Schon am Anfang der Sommersaison des nächsten Jahres wurde die Höhle mit hölzernen Stufen und Gehsteigen und mit
Petroleumlampen zugänglich gemacht, Interessante Stellen wurden auf Wunsch der Besucher mit Magnesiumlicht beleuchtet. Die Besucher wurden mit einem Begleiter geführt, der 40 und später 60 Kreuzer einkassiert hat. Im Jägerhaus “Pod Ostrou
skalou" wurde ein Zimmer mit 6 Betten eingerichtet. Bis Ende Oktober 1871 haben die Höhle 292 Personen besucht. In den Jahren 1872 - 1873 hat die Stadt Dobsiná für die Besucher ein kleineres Hotel mit fünf Zimmer gebaut, dieses war
im Jahre 1876 um 2 Zimmer vergrößert worden. Der Entdecker Ing. E. Ruffíni hat in einer ausführlichen Untersuchung fortgesetzt. Er hat
die Fortsetzung des heutigen Großen Saals gefunden, die auf seine Ehre als Rechter und Linker Ruffíni Korridor genannt wurde. Damit hat die Höhle die heutige Form und Ausdehnung gewonnen.
Die Höhle selbst ist 80 m tief, der Abgrund Hölle (Peklo) ist mehr als 100 m tief. Das Bodeneis mit der Fläche von 11 200 Quadratmeter ist 25 - 35 m hoch. Die Gesamteismenge in der Höhle beträgt 125 000 bis 145 000 Kubikmeter.
Die Gesamtlänge der Höhle ist 1 388 m, zugänglich davon sind 475 m. Der grösste unterirdische Raum ist der Große Saal (Vel'ká sien) mit seinen 72 m Länge, 36 bis 42 m Breit und 9 bis 11 m Höhe. Man kann hier verschiedene Eisgebilde,
wie z. B. Niagarafälle (Niagarské vodopá-dy), Altar (Oltár), oder ein Säulengebilde mit dem Namen Brunnen (Studna) finden. Die Eisdekoration ändert sich ständig. Zu weiteren merkwürdigen Räumen gehört der Kleine Saal (Malá sien) mit den Gebilden Friedhof (Cintorín) und der Kleinen Eisvorhang (Malá l'a-dová opona).
Der künstlich gebildete Raum Kapelle (Kaplnka) und Ruffíni Korridor steigern die Mächtigkeit, Kompaktheit und Schichtung des Höhleneises. In diesem niedrigsten Teil der Höhle 48 m unter der Eingangebene, der in der Höhe von 970 m
über den Meeresspiegel liegt, befinden sich interessante Gebilde wie z. B. Orgel (Organ) und Meduse. Die Stadt Dobsiná hat im Jahre 1877 zu Ehre der Entdecker eine Gedenktafel enthüllt. Die wissenschaftliche Untersuchung
ist seit Jahr 1873 datiert, wenn der Kustos des Nationalen Museums in Budapest Dr. Jozef Krenner beauftragt durch die Ungarische königliche naturwissenschaftliche Gesellschaft, die Eishöhle in Dobsiná untersucht und beschrieben hat und
dadurch neue Erkenntnisse über die Höhle und ihr Entstehung beigebracht hat. Mit einer großen Begeisterung hat die Höhle der damalige wissenschaftliche Rat
der Stadt Dobsiná Dr. Jozef Mikulík propagiert. Im Jahre 1884 hat Dr. Ján Pelech, ein Arzt in Dobsiná, das Buch „Stratenská Tal und Eishöhle Dobsiná" publiziert, das ins Englische und Deutsche übersetzt wurde. Im Jahre 1888 hat die Eishöhle wissenschaftlich Mikulás Fischer bewertet.
Die Publikationen und Artikel haben eine starke Werbewirksamkeit gehabt und so wurde die Höhle nicht nur durch unsere Leute aber auch durch viele bekannte Persönlichkeiten von - Ausland besucht. Am 28. August 1872 hat die Höhle
offiziell der Prinz August von Sachsen Gotha mit der Gattin Klementina, Prinzessin Amália und Prinz Ferdinand besucht. Im Jahre 1874 war das Dr. I. Br. Zoch mit Professorenkollegium von Revúca Gymnasium, im Jahre 1876 Dr. Stefan Marko
Daxner mit seinem Bruder Ivan und bekannte Patrioten, Dr. Jozef Petzval, Universitätprofessor aus Wien, im Jahre 1883 die slowakischen Schriftsteller P. 0. Hviezdoslav, S. H. Vajanský und der ungarische Schriftsteller M. Jókai. Im Jahre
1884 haben die Höhle mit dem F. Lesseps (Erbauer von Suezkanal) einhundert französische Schriftsteller und Künstler (Delibes, Massenet) besucht. Im Jahre 1900 ist in der Höhle auch der berühmte Polarforscher Fridjof Nansen gewesen.
Lichter und Schatten der Vergangenheit Das Interesse um die Höhle hat sich vom Jahr zu Jahr gesteigert und die Stadt Dobsiná hat für die Besucher im Jahr 1881 eine grössere touristische Hütte mit 18 Zimmern und zwei
Villen gebaut. Diese dienen auch heute noch seinem Zweck, Im Jahre 1882 wurde die Beleuchtung der Höhle durch Bunsenbrenner eingeführt und im Jahre 1886 eine normale elektrische Beleuchtung aus einem Aggregat das auf der Plattform vor dem
Höhleneingang aufgestellt wurde. Die Eishöhle Dobsiná wurde so zwischen die ersten elektrisch beleuchteten Höhlen der Welt eingegliedert. Die Stadt Dobsiná hat die nähere aber auch die weitere Umgebung der Höhle gepflegt. So ist
schrittweise ein kultivierter Waldpark entstanden. Er wurde durch Bartolomej Szontagh, Gauvertreter der Gemer Gau gegründet. Dieser auch mit Viliam Dobay, Bergdirektor von Fürsten Coburg, hat den Park am meisten gepflegt. Am 22. Juni 1914
wurde die Höhle ans Stadtkraftwerk angeschlossen In den Jahren des ersten Weltkrieges war die Besucherzahl minimal, z. B. im Jahr 1918 wurde die Höhle nur durch 78 Personen besucht. Eine erhöhte Besucherzahl hat sich nach Entstehen der CSR
gezeigt. Wichtig war auch die Einführung einer regelmässigen Busverbindung zwischen Poprad und Dobsiná im Jahr 1931 und vor allem die Eröffnung der Eisenbahnstrecke Margecany - Cervená Skala mit einer Haltestelle Eishöhle Dobsiná im Jahr
1936. Dieses hat im Jahr 1937 eine Rekordbesucherzahl von 23 231 Personen mitgebracht. In den Jahren des zweiten Weltkrieges hat die Besucherzahl wieder gesunken und im Jahr 1944 war die Höhle geschlossen. Im Januar 1945 ist das
Hotel abgebrannt, ein neues wurde im Jahr 1949 gebaut. Nach Beendigung des ersten Weltkrieges hat der ofte Austausch der Inhaber bzw. der Vermieter eine ständige Verschlechterung des Höhlenzustandes verursacht. Eine wesentliche Rolle dabei
hat auch die überlebte elektrische Beleuchtung gespielt, die sich für die ganze Besichtigung nur mit einem Lichtschalter angezündet hat. Mehr als 70 Glühlampen haben während der einstündigen Besichtigung so viel Wärme in die Höhlenräume
gestrahlt, dass die Mikroklima der Höhle wesentlich beeinflusst wurde. Nach einem trockenen und heissen Sommer im Jahr 1947 ist in dem nordöstlichen Teil des Großen Saales eine Spalte erschienen, durch die die Höhlenforscher in
den Tropfsteinteil der Höhle durchgedrungen haben. Der warme Luftzug aus diesem Raum hat auch nachteilig die Eismasse beeinflusst. Der Eiskunstlauftraining in dem selben Jahr hat die ungünstige Lage noch verschlechtert.
Und wieder in voller Schönheit Wenn am 21. August 1953 der Turista n. p. die Verwaltung der Höhle übernommen hat, die Rettungsperiode der Eishöhle hat begonnen. Es wurde eine fachwissenschaftliche Kommission
unter der Leitung von Universitätprofessor Dr. M. Koncek und Dr. S. Petrovic für die Beobachtung und Fachverwaltung der Eishöhle gegründet. In Zusammenarbeit mit dem Generalkonservator des Naturschutzes aus dem Amt des Beauftragten für
Schulwesen und Informationen J. Matis hat die Generalreparatur der ganzen Höhle angefangen. Die alte oberflächige elektrische Leitung wurde beseitigt und durch eine elektrische Kabelleitung mit dem Kaltlicht ersetzt. Die Beleuchtung wurde
in einzelne Zonen verteilt, damit man die unerwünschte Erwärmung des Höhlenmikroklimas vorbeugt: Es ist auch zum Treppenverlegen gekommen. Alle Stellen führende in den Tropfensteinteil der Höhle wurden ordentlich abgedichtet. Am 9. Mai
1954 wurde die Höhle feierlich der Öffentlichkeit abgegeben. Seit der Zeit ist die Eishöhle Dobsiná unter einer ständigen fachwissenschaftlichen Aufsicht. Als ein einzigartiges
Naturkleinod ist sie durch Staat geschützt: am 30. 11. 1979 wurde sie zum geschützten Naturgebilde deklariert und nach dem Gesetz des Nationalrates der Slowakischen Republik 287/1994 vom Natur- und Landschaftsschutz wird sie zum nationalen Naturdenkmal. In der Gegenwart ist eine enge Zusammenarbeit von allen Fachleuten und Wissenschaftlern der zuständigen Fachgebieten und Organisationen notwendig, mit dem Ziel der Erhaltung dieses unterirdischen Kleinodes im Slowakischen Paradies auch für die nächste Generationen.
© Text: M. Pesko; Herausgegeben von KNIZNÉ CENTRUM, vydavatel’stvo,
Predmestská 51, 01001 Zilina
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