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Wissenswertes
Der "Bisse du Ro" ist sicherlich das Älteste und besterhaltenste Überbleibsel der Geschichte des Hochplateaus. Er wurde im 15. Jahrhundert erbaut. Sein Lauf beginnt in dem kleinen Tal von Ertenze, und fließt auf einer von 5 km mit einer Senkung von 100 m an den Felswänden entlang und überquert dabei manchmal überhängende Passagen. Da die Instandhaltung wegen seiner Lage und des Wasserverlustes gefährlich wurde, entschied man sich 1947 dazu, den Tunnel vom Mont-Lachaux zu bauen. Seitdem fließt im "Bisse" kein Wasser mehr. Der Wanderweg aber bleibt wahrscheinlich einer der attraktivsten der Gegend; der Blick auf das Lienne-Tal ist nämlich wunderschön.
Im allgemeinen wurde die Suone direkt in den Boden oder den Felsen
angelegt. Jedoch musste man zu einer anderen Technik greifen, wenn man auf zu steile Felswände stieß. Dann schlug man Löcher in den Stein, um darin einen Balken aus Lärchenholz zu befestigen, den man "Boutzet" nennt. Diese trugen
die Bewässerungsrinne sowie das Brett für die Kontrollgänge des Aufsehers. Es war eine gefährliche Arbeit. Sie wurde etappenweise ausgeführt. Man schob zuerst ein Brett über den Abgrund und belud es mit Steinen, die als Gegengewicht
dienten. Von diesem Brett aus haute der Arbeiter nach und nach Vertiefungen in den Felsen und rammte ein "Boutzet" ein. Um die Neigung zu berechnen, ließ man etwas Wasser durch die Bewässerungsrinne laufen.
Ursprünglich haben sich weder Gemeinden noch Kantone mit dem Bau der Suonen
beschäftigt. Es waren Privatpersonen, die sich zu einem Konsortium zusammenschlossen und alle Bau-, Unterhalts-, Überwachungs- und Verteilungskosten trugen. Die Mitglieder bilden eine Gemeinschaft, deren Bande sich gefestigt haben, je mehr
Mühe und Opfer der Kampf ums Wasser ihnen abverlangte. Die Rechte der Mitglieder sind in Anteile aufgeteilt, die einer gewissen Bewässerungsdauer entsprechen. Auch heute noch sind die Mitglieder Eigentümer der Wasserrechte und
verantwortlich für den Unterhalt.
Der Bau der Suonen war eine gefährliche Arbeit. Die Felsen bildeten das
Haupthindernis. Im 12. Jahrhundert schienen sie wirklich unüberwindbar zu sein. Ohne Sprengstoff, ohne Maschinen und ohne technische Hilfsmittel gelang es den Einwohnern des Landes trotzdem, die furchterregenden Schwierigkeiten zu
meistern. Dazu kam die Tatsache, dass man nur Material, das vorort vorhanden war, verwenden konnte: Holz, Stein und Erde. Bei dieser so risikoreichen Arbeit riefen die Erbauer Gott an, und wie ein wahres Glaubensbezeugnis, verkündeten sie
folgende Worte: "Gott schütze die Arbeit und die, die sie lieben".
Die Verteilung des Wassers musste sehr gerecht vorsichgehen. Das Wasser
floss in ein Verteilbecken (Lo Partichiou), ein Sammelbecken, das aus Kantbalken bestand und mit gleich großen quadratischen Löchern in gleicher Höhe versehen war. Die gleiche Menge Wasser floss also aus jedem dieser Löcher. Man nannte es
ein "quartier" oder ein "quart d'eau". Jeder Einwohner, der dem Konsortium angehörte, hatte auf ein oder mehrere "quarts" Anrecht, gemäß seines erworbenen Wasserrechtes. Das Wasser wurde von Ende April bis
Mitte September verteilt, und zwar abwechselnd an alle Berechtigten. Eine entsprechende Liste wurde veröffentlicht.
Früher konnten die meisten Einwohner weder lesen noch schreiben. Statt eine
Liste der Berechtigten anzufertigen, nahm man deshalb markierte Stäbe zu Hilfe. Am Tage vor der Bewässerung hing der “évouen" (der Sekretär) die Stäbe vor seinem Haus auf, und am Spätnachmittag kamen die Leute, um sich zu informieren.
Wenn sich das Familienzeichen oberhalb der Mittellinie, die um den Stab herumlief, befand, konnte sie das Wasser des Baches am Morgen benutzen, im anderen Falle musste sie damit bis zum Nachmittag warten. Der "évouen" kannte alle
Markierungen, und konnte so die Benutzung kontrollieren, denn bei Trockenperioden war Missbrauch immer möglich.
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